Baureihe 112.1

Anfang der 90er Jahre war für die Verantwortlichen bei DB und DR klar, dass mit dem absehbaren Zusammenwachsen der elektrischen Streckennetze neue Lokomotiven für den Fernverkehr beschafft werden mussten. Schließlich würde man dann an der ehemaligen innerdeutschen Grenze die Züge nicht mehr umspannen müssen, und auch im Reichsbahnland wären bis dahin die Höchstgeschwindigkeiten auf den Hauptstrecken deutlich höher. Es ergaben sich 2 Möglichkeiten. Zum Einen die Weiterbeschaffung der BR 120, deren letzten Exemplare die DB 1989 in Dienst stellte. Oder aber eine Überarbeitung der bewährten DR-Baureihe 112 und deren Ertüchtigung für 160 km/h. Letztlich entschied man sich für die BR 112, zumal man auch die 120 überarbeiten und auf den neuesten technischen Stand hätte bringen müssen. Außerdem besitzt die BR 120 eine v/max von 200 km/h, wo die 160 km/h ausreichten. Eine völlige Neuentwicklung kam übrigens erst 1997 mit der BR 101 auf die Schienen.

Den Entwicklungsauftrag bekam natürlich die Hennigsdorfer Lokschmiede. Diese wurde 1992 wieder von der AEG übernommen. DB und DR bestellten jeweils 45 Lokomotiven. Als Baureihenbezeichnung wurde 112.1 festgelegt. Die an die DR gelieferten Maschinen bekamen die Betriebsnummern 112 101-1 112 145-8, die an die DB gelieferten die 112 146-6 112 190-4.

Die äußerlich auffälligste Änderung ist die Zusammenlegung der großen Spitzen- bzw. Schlusslichter zu kleinen kombinierten Halogenlampen, so wie es bei der alten DB seit jeher gang und gäbe ist. Ob diese Lösung ästhetischer ist als bei 143 oder 112.0 sei jedem selbst überlassen. Alle anderen Änderungen sind im Prinzip nur durch Fachleute idendfizierbar, da sich auch die Farbgebung nicht von der 112.0 unterschied. So erkennt man geänderte Lüftergitter, die Antenne der eingebauten LZB I 80, die ZWS/ZDS (Scheibenwischer stehen senkrecht !) und die Zugzielanzeige Typ MFA erst auf den zweiten Blick. An „inneren Werten“ kamen u.a. hinzu: Zugfunkanlage MESA 2002, ep-Bremse, HDP-Führerbremsventilanlage mit selektivem Schleuderschutz und Gleitschutz der Firma Knorr. Damit war unsere Lokomotive auf dem Stand der Zeit.
112.0 neben 112.1

Die Ablieferung der ersten Lokomotiven begann genau 1 Jahr nach der Übergabe der letzten 112.0. Am 17.12.92 wurde 112 101-1 an die DR übergeben, zwei Tag später 112 146-6 an die DB. Mit diesem Modus ging es weiter. Abwechselnd wurden die Loks an DR bzw. DB übergeben. Natürlich ohne sich sklavisch an das 1:1 Verhältnis zu halten. Auch die Fabriknummern sind „bunt gewürfelt“.

Der Eigentümer der jeweiligen Lok wurde durch die unterschiedlichen Logos im Front- und Seitenbvereich sichtbar. So bekamen die Reichsbahnloks die Buchstaben „DR“ in rot auf den Frontlatz und in weiß links unter das seitliche Führerstandsfenster geklebt. Die Maschinen der DB erhielten statt dessen an den selben Stellen den alten DB-Keks. In rot auf den Latz, weiß auf die Seitenflächen.

Nach 1 ½ Jahren am 31.05.94, wurde mit 112 145-8 die letzte Lok, nunmehr bereits an die DB AG übergeben. Interessanterweise scheinen bei der AEG Anfang 1994 noch keine „neuen“ DB-Kekse zur Verfügung gestanden zu haben. So wurden noch mindestens bis zu 112 139-1 bzw. 112 183-9 (höchste nachgewiesene Nummern) die Lokomotiven noch mit den alten Logos übergeben. Auch beim Überkleben mit den neuen Logos scheint man sich ausgerechnet bei der neuesten Baureihe Zeit gelassen zu haben. So fuhren einzelne Maschinen noch bis Oktober (oder noch länger?) 1994 ohne neuen DB-Keks herum. Und dies zu einer Zeit, als man an allen möglichen und unmöglichen Stellen dieses Symbol anbrachte.

Mit der Bahnreform wurden alle früheren Eigentumsverhältnisse Makulatur. Die Loks kamen zum neuen GB Traktion. Ab 01.01.97, als alle Lokomotiven auf die Transporteure aufgeteilt wurden, kam unsere Baureihe zum GB Fernverkehr bzw. später zu Reise & Touristik, heute DB Fernverkehr. Ob es im Zuge des sich verändernden Einsatzes (Verschiebung des Hauptaufgabengebietes der 112 in Richtung schneller Regionalverkehr) bei diesem Eigentümer bleibt, darf bezweifelt werden.

Alle Loks kamen fabrikneu zum Bw Berlin Hbf, unabhängig vom buchmäßigen Eigentümer. Sie wurden zunächst vorrangig auf Reichsbahngebiet eingesetzt. Erst als der elektrische Lückenschluss im Mai 1993 zwischen Magdeburg und Braunschweig vollzogen wurde, kamen sie auch (regulär) auf DB-Gebiet. Diese Leistungen erweiterten sich, als 1994 mit Halle – Eichenberg und 1995 mit Erfurt – Bebra und der Saalebahn weitere Verknüpfungen dem (elektrischen) Betrieb übergeben wurden. Unsere 112.1 übernahmen dabei zumeist Leistungen, die nicht über die mit 200 km/h befahrbaren Schnellfahrstrecken oder gar die Neubaustrecken führten, obwohl sie natürlich auch dort präsent waren. Viele InterRegios standen im Dienstplan, aber auch RE und RB. Erinnert sei hier an die mit Sandwichbespannung gefahrenen RE Halle – Kassel-Wilhelmshöhe im Fahrplan 1995/96.

Heute ist die 112.1 in ganz Deutschland von Norddeich Mole bis München vor Intercitys, Sonderreisezügen, FbZ und RE (z.B. Würzburg – Treuchtlingen oder auch Stuttgart – Karlsruhe) zu finden.

Buchmäßig änderte sich zum 25.05.1998 der Heimat-Betriebshof, als „Berlin Hbf“ in Berlin-Ostbahnhof umbenannt wurde. Diese Dienststelle, direkt am gleichnamigen Bahnhof, gelegen wurde bei der Aufteilung ebenfalls dem Fernverkehr zugeschlagen, war jedoch für die kommenden Aufgaben, insbesondere der Wartung der ebenfalls in Berlin beheimateten ICE-Garnituren, ungeeignet. Deshalb wurde in Berlin-Rummelsburg ein neues Werk gebaut, welches dann zum 15.10.2002 auch die 112.1 übernahm. Der alte Standort wurde geschlossen, am Leistungsumfang der Loks änderte sich nichts.

Im zuständigen AW Dessau wurden bereits ab 1997 die ersten Hauptuntersuchungen (HU) durchführt. Bei dieser Gelegenheit erhielten die Maschinen zumeist auch einen Neuanstrich in verkehrsrot. Als eine der ersten Baureihen überhaupt präsentierten sich alle Maschinen ab Ende 2001 in der neuen Farbgebung. Aufgrund der hohen Laufleistungen der Maschinen im Fernverkehr, werden die Fristen für eine neue Revision schon nach 4 bis 5 Jahren erreicht. Dies führt dazu, dass viele Loks mittlerweile ihre zweite HU erhalten haben. Bis auf leichte Modifizierungen an der ZDS und dem Einbau des TAV befinden sie sich technisch noch weitestgehend im Anlieferungszustand.

Alle 90 Loks stehen derzeit noch voll im Einsatz. Die erlittenen Unfälle erwiesen sich gottlob als nicht so schwerwiegend; die Schäden waren reparabel.

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Letzte Bearbeitung: 17.08.07